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Lust mit Liebe

von Gerhard A. Ebert

 

 

 

 

Publikumsvotum

 

 

Master (muss nun improvisieren, das heißt, die erhobenen Hände im Publikum zählen oder durch Saaldiener zählen lassen und unter Umständen Text erfinden, der zu nachfolgendem Text führt): Dankeschön, ich stelle fest, die Mehrheit ist für Scheidung! Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben sehr logisch entschieden, zweifellos, aber ich vermute, damit wird mein Kandidat nicht einverstanden sein. Oder?

Frank (mit Geste ins Publikum): Die können mir mal, alle, wie sie da sitzen!

Master: Wollen Sie sich ernsthaft der Mehrheit widersetzen?

Frank: Hier geht’s nicht um Mehrheit, hier geht’s um mich! Um meine Zukunft! Da hat sich keine Mehrheit einzumischen!

Master: Aber Frank, Sie hatten sich noch eben dem Votum gestellt!

Frank: Vergessen Sie’s!

Master (resigniert): Na schön! Frank beharrt auf seiner Meinung. Und Anna? Kommen Sie zur Vernunft angesichts des Votums?

Anna: Vernunft? In der Liebe? Was ist das?

Master: Sie werden ein Kind haben, Anna, und das wird Ihr Lebensinhalt sein. Sie brauchen diesen Mann nicht. Er war ein Teil Ihres Lebens, gut, aber doch noch nicht Ihr Leben. Lassen Sie ihn laufen.

Anna: Wer gibt Ihnen eigentlich das Recht, so mit uns zu reden?

Ellen: Sind Sie überhaupt ein Mensch?

Anna: Können Sie unsere Sehnsüchte nicht verstehen? Dass ich nicht allein sein will in dieser Welt? Genügt Ihnen das nicht? Sind sie tot da drinnen?

Ellen: Er ist wie eine Maschine. Ja, ein Computer auf Beinen. Jemand hat ihn auf uns angesetzt. Frank, schalt ihn ab.

Anna: Bring ihn um!

Master: Das Leben bringt ihr nicht um!

Frank: Du bist nicht das Leben, du bist ein Prinzip (packt ihn), ein Imperativ!

Master: Vor dem Leben könnt Ihr auch nicht fliehen. Hier, die Mehrheit im Saal ist gegen Euch!

Frank: Von Ihnen manipuliert!

Ellen: Abschalten, den Herrn, abschalten! (dringt schlagend auf den Master ein)

Anna: Ausschalten! (schlägt ebenfalls auf den Master ein)

Frank: Gute Idee! (schlägt auch auf den Master ein)

(Geschrei, Tumult, der Master bricht zusammen, die drei lassen von ihm ab)

Anna: Ist das ein Mensch?

Ellen: Eine Maschine!

Anna: Unsere Ehe wollte er zerstören.

Ellen: Und meine Liebe!

Frank (provokant ins Publikum): Als ob das nicht möglich wäre  -  Liebe zu dritt! Bisschen Mut muss man haben, klar, weiß ich seit heute; hat man den, ist alles paletti!

Ellen: Du bist ein Schatz! (küsst ihn)

Anna (drängt sich von der anderen Seite, küsst Frank): Ich danke dir!

Frank: Irgendwie ist mir kannibalisch wohl! Hat der Abend doch einen Sinn gehabt! Ich hoffe, die Herrschaften hier im Saal haben das auch begriffen. Kommt! Jetzt wird gefeiert! (geht mit Anna und Ellen ab)

Master (erhebt sich, ruft hinterher): Ellen, du dumme kleine Ziege, verplempere deine Jugend nicht weiter an einen Mann, den nur dein nackter Leib interessiert! Frank, du Karrierist, lerne deine Frau schätzen. Und du Anna, du genussfreudiges Weib, erwarte dein Kind. Aber vergiss nicht das große Kind an deiner Seite. Es ist hilflos ohne dich und weiß es nicht. Meine Damen und Herren, unsere Sitzung ist beendet! Kommen Sie gut nach Hause!

 

 

 

2.Epilog

 

Master (muss nun improvisieren, das heißt, die erhobenen Hände im Publikum zählen oder durch Saaldiener zählen lassen und unter Umständen Text erfinden, der zu nachfolgendem Text führt): Dankeschön, ich stelle fest, die Mehrheit ist gegen Franks Scheidung. Ja, Doktor, Glückwunsch, Sie haben sich behauptet, da müssen Sie nun durch. Glauben Sie wirklich ernsthaft, beide Frauen werden das Doppelspiel weiter mitmachen?

Frank: Bin ich nicht bange!

Master: Gut! Dann spielen Sie uns doch mal vor, was sich in einem halben Jahr ereignen wird, nachdem Ellen in Berlin eine Wohnung bezogen hat.

Frank: In einem halben Jahr?

Master: Genau!

Frank: Was soll da sein?

Master: Kritische Lage, würde ich sagen.

Frank: Behaupten Sie!

Master: In einem halben Jahr klärt sich viel! Auf und ab, wenn Sie verstehen, was ich meine. Bitte, Ellen, gehen Sie in Ihre Berliner Wohnung und empfangen Sie Ihren Frank.

Ellen: Muss das jetzt noch sein?

Frank (als Darsteller):Doch, doch, ich verstehe ihn! Jetzt will ich auch wissen, wie das weitergehen könnte!

Ellen: Na gut (nimmt Position ein)

Frank (wieder als Figur): Hallo, Liebling, bin leider verspätet.

Ellen: Grüß dich!

Frank: Elendes Geschwafel im Senat, aber du weißt, ich gehe da nicht gern weg, fällt unnötig auf. (legt sich auf die Couch) Ah, jetzt ausspannen. Hast du was Trinkbares?

Ellen: Hol dir, wenn du Durst hast.

Frank: Ärger?

Ellen: Na weißt du!

Frank: Ich kann das doch nicht ändern! Eigentlich müsste ich jetzt bei Anna sein. Jede Stunde kann’s losgehen.

Ellen: Gute Zeit, mal Bilanz zu ziehen.

Frank: Welche Bilanz?

Ellen: Mir ist jemand begegnet.

Frank: Jemand, was für ein jemand?

Ellen: Eben jemand, ein junger Mann! Charmant, drahtig, sieht blendend aus! Ich bin weg und alle!

Frank: Aha, aha! (setzt sich auf) Stört das unsere Beziehung?

Ellen: Wenn es Dich nicht stört!

Frank: Wie lange läuft das schon?

Ellen: Einen Monat, etwa.

Frank: Ja, von mir aus.

Ellen: Du wirst mich mit einem anderen teilen müssen.

Frank: Reich ich dir nicht?

Ellen: Nein! Nicht mehr!

Frank: Ja, läuft also nichts heute, wie?

Ellen: Du nimmst das hin?

Frank: Was soll ich tun? Herumtoben? Habe andere Dinge im Kopf.

Ellen: Rektor wirst du ja wohl noch nicht werden.

Frank: Nun sei nicht auch noch gehässig!

Ellen: Sitz hier herum! Blöde Situation! Heute hatte ich mir frei gehalten.

Frank: Na dann komm!

Ellen: Ich weiß nicht, ob ich dich wirklich will heute.

Frank. Verzichten wir heute, auch gut, bin sowieso ganz abgespannt.

Ellen: Ich wäre dir dankbar.

Frank: Dann gehe ich aber, musst du verstehen.

Ellen: Verstehe ich.

Frank: Wir telefonieren.

Ellen: Ja, ja, wir telefonieren.

Master: Dankeschön, dankeschön. Sie gingen also nach Hause und überraschten Ihre Frau. Anna, bitte, kommen Sie. Wie war das, als Ihr Mann überraschend zu Hause aufkreuzte.

Anna: Vorspielen?

Master: Ich bitte darum! Frank, einverstanden?

Frank: Ja, ja!

(Anna und Frank nehmen Position ein)

Master: Also los, letzte Runde bitte!

Anna: Nanu, du kommst schon?

Frank: Ja, habe eine Besprechung sausen lassen. Fühl mich nicht. (lässt sich schwer auf der Couch nieder)

Anna: Krank?

Frank: Abgespannt! Haben wir was zu trinken da?

Anna: Hole dir! (setzt sich, legt Hände auf ihren Bauch)

Frank: Ist’s so weit?

Anna: Fühlt sich nicht so an.

Frank: Schmerzen?

Anna: Nein.

Frank: Wie wär’s mit einem kleinen Ritt? Von hinten!

Anna: Ich denk, du bist abgespannt.

Frank: Im Moment hab ich Drang!

Anna: Und warum schaffst du den nicht zu deiner Ellen?

Frank: Ist doch jetzt nicht das Thema!

Anna: Doch!

Frank: Was heißt doch?

Anna: Weil ich dich frei gebe!

Frank: Bist du verrückt!

Anna: Nein, nur zur Besinnung gekommen.

Frank: Das kannst du doch jetzt nicht tun!

Anna: Es ist ehrlicher!

Frank: Was heißt ehrlicher?

Anna: Wenn wir uns trennen.

Frank: Aber doch nicht in deinem Zustand!

Anna: Frank, das Kind, es ist nicht von dir!

Frank: Was?

Anna: Es ist von Günter.

Frank: Wer ist Günter?

Anna: Muss dich nicht mehr interessieren. Ich habe die Scheidung eingereicht.

Master: Danke, danke! Meine Damen und Herren, ich beende unsere Sitzung. Kommen Sie gut nach Hause.

 

 

> Ende <

 

 

 

 

 

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