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„Blutgeld“

 

 

2. Aufzug

Nummerngirl posiert scharmant vor dem Vorhang und zeigt eine „2“ ins Publikum.

Vorhang öffnet sich. Im Hintergrund hellgrauer Plafond mit der Aufschrift „Kanzleramt“. Ein Schreibtisch. Davor und dahinter jeweils ein Sessel.

Licht. Kanzlerin sitzt am Schreibtisch, Verteidigungsminister scheu an der Tür.

Verteidigungsminister: Grüß dich!

Kanzlerin: ungehalten: Tag! Hab wenig Zeit! Du weißt!

Verteidigungsminister:  Ja, ja! Dank dir!

Kanzlerin etwas mürrisch: Und?

Verteidigungsminister zögernd: Ja, Mutti, es ist… Oh!

Kanzlerin äußerst pikiert: Wie bitte?

Verteidigungsminister völlig verstört: Entschuldigen Sie, entschuldige, das ist mir so herausgerutscht.

Kanzlerin: Ach!

Verteidigungsminister: Manchmal in den Gängen, wenn wir so reden, dann… Entschuldige! Ich bin völlig durcheinander.

Kanzlerin sehr ungehalten: Willst Du da stehen bleiben?

Verteidigungsminister kommt scheu einen Schritt näher: Hat die NATO schon?

Kanzlerin: Was NATO?

Verteidigungsminister ungläubig: Hat nicht?

Kanzlerin grimmig: Was ist los, Mann!?

Verteidigungsminister: Wenn ich Dir’s sage, dann…

Kanzlerin: Dann?

Verteidigungsminister: Dann weißt Du Bescheid!

Kanzlerin: Kommt darauf an!

Verteidigungsminister wird prompt gleichsam einen Kopf kleiner, resigniert: Ich weiß!

Kanzlerin: Ich weiß von nichts! Wie Du weißt!

Verteidigungsminister: Wenn’s dicke kommt, ich weiß!

Kanzlerin sehr ungehalten: Drucks hier nicht rum! Was ist los?

Verteidigungsminister: Ich glaub, ich muss Dich da hineinziehen!

Kanzlerin: Wohinein?

Verteidigungsminister: Wir haben da drüben, na drüben, weißt schon, haben wir ein Problem!

Kanzlerin aus vollem Herzen: Oh ja, das weiß ich!

Verteidigungsminister verunsichert: Hat Karzai schon?

Kanzlerin: Karzai ist ein Arschloch und wir sitzen drin fest! Das weißt Du so gut wie ich!

Verteidigungsminister irgendwie erleichtert: Genau! Das weiß ich!

Kanzlerin:  Und ich kann es nicht ändern!

Verteidigungsminister: Ich auch nicht!

Kanzlerin: Hat uns der Bush hinterlassen, auch so ein…! Vergessen wir’s!

Verteidigungsminister kommt etwas näher, wagt eine Vertraulichkeit: Hm, in Heiligendamm bist Du ihm ja fast… entsetzt über sich selbst, nimmt sich zurück: …hast Du ihm einen Ochsen gebraten!

Kanzlerin: Bisschen Spaß muss sein! Grimmig: Oder?

Verteidigungsminister: Natürlich!

Kanzlerin: Setz dich endlich!

Verteidigungsminister: Danke! Nimmt Platz.

Kanzlerin sehr ungehalten: Jetzt aber Tacheles!

Verteidigungsminister: Mein Vorschlag: Ich informier Dich, aber wir behaupten, für den Fall, dass die Öffentlichkeit, nicht wahr, Du hast es nicht gewusst. Ich hätte es Dir vorenthalten. Ja?

Kanzlerin: Machst mich ja richtig neugierig!

Verteidigungsminister: Und ich bleibe Minister. Auch in der nächsten Regierung!

Kanzlerin überrascht: Mann! So schlimm?

Verteidigungsminister: Ziemlich!

Kanzlerin: Was ist passiert?

Verteidigungsminister: Abgemacht?

Kanzlerin: Mein Lieber, bevor ich nicht weiß, worum es geht…

Verteidigungsminister: Ich kann ja mal ein Detail andeuten.

Kanzlerin: Ein Detail?

Verteidigungsminister: Es gab Tote!

Kanzlerin beunruhigt: Das nennst Du ein Detail?

Verteidigungsminister: Ja, weil, weil noch völlig unklar ist, wie viel es waren.

Kanzlerin: Zivilisten? Doch nicht etwa Zivilisten?

Verteidigungsminister gequält: Wieder so ein Detail!

Kanzlerin fast drohend: Du musst dich wirklich mal mit dieser sogenannten  Rechtslage befassen. Völkerrecht, Zivilrecht, Kriegsrecht, ein Paragraphen-Dschungel. Das fällt uns noch auf die Füße. Du musst das klären!

Verteidigungsminister: Habe schon einen kompetenten Rechtsanwalt zu mir gebeten.

Kanzlerin: Jeder Tote ist einer zu viel, das ist doch klar.

Verteidigungsminister: Die Truppenführung sagt mir, es seien Taliban gewesen. Alles Taliban.

Kanzlerin: Wo ist dann das Problem?

Verteidigungsminister: Naja, weil, also die Truppenführung sagt mir, sie hätten den Angriff befehlen müssen.

Kanzlerin: Einen Angriff?

Verteidigungsminister: Auf die Taliban.

Kanzlerin springt auf: Mann, das ist ja nun eigentlich klar! Schreitet an der Rampe hin und her, arrogant großmäulig: Deutschland wird am Hindukusch verteidigt, nicht Rußland, wie dieser Scholl-Latour immer wieder behauptet. Also findet ab und zu auch mal ein Angriff statt, ja? Sonst langweilt sich das Heer. So viel verstehe ich auch vom Krieg.

Verteidigungsminister Duckt sich, sehr überrascht: Krieg?

Kanzlerin: Wir sind hier unter uns, Mann. Zeigt zum Fenster. Wenn ich da hinaus rede, red‘ ich natürlich gefiltert, ist doch klar. Telefon klingelt, Merkel eilt zum Schreibtisch, hebt ab: Ja? - Entschuldigung! Noch mal bitte! - Aha! – Ach! - Ja, bin informiert! – Der ist gerade bei mir! - Selbstverständlich, übliche Reaktion! Nicht die Fahne zu früh heraushängen! - Ja, ja, alles klar! Legt auf. Im Außenministerium laufen die Telefone heiß! Setzt sich. Was haben Deine Leute denn gemacht?

Verteidigungsminister: Sie haben reagiert.

Kanzlerin: Reagiert? Worauf? Muss ich Dir alles aus der Nase ziehen?

Verteidigungsminister: Da sind gestern zwei Tankwagen geklaut worden…

Kanzlerin erstaunt: Geklaut? Unseren Leuten?

Verteidigungsminister ratlos: Wieder so ein Detail! Ich weiß es nicht!

Kanzlerin: Du weißt es nicht?

Verteidigungsminister: Nein, bis jetzt nicht.

Kanzlerin: Wie viele Dienste bezahlen wir da? Fährt flüchtig nachspürend unter der Schreibtischplatte lang.

Verteidigungsminister noch hilfloser: Ich weiß es nicht.

Kanzlerin ahnungsvoll: Die vom CIA wissen es natürlich. Und dann weiß man es auch im Weißen Haus!

Verteidigungsminister: Wenn ich an dieser Stelle noch ergänzen darf…

Kanzlerin: Und zwar?

Verteidigungsminister: Die Tankwagen steckten in einem Flussbett fest. Im Schlamm. Aber es bestand die reale Gefahr, dass sie zu unseren Einheiten gekarrt werden und dass dann eine Katastrophe… Du verstehst.

Kanzlerin: Bin kein Militär!

Verteidigungsminister: Jedenfalls hat unsere örtliche Truppenführung Unterstützung angefordert, Unterstützung aus der Luft, und die, naja, die sind erst herumgekurvt und haben dann eben Bomben geworfen.

Kanzlerin gleichsam abschließend: Und es gab Tote! Alles klar!

Verteidigungsminister: Wohl so etwa hundert.

Kanzlerin aufmerkend: Hundert? Nachdenklich. Das ist…

Verteidigungsminister: So ungefähr… hundert!

Kanzlerin steht auf, schreitet nachdenkend kurz auf und ab, dann sehr bestimmt: Also hör mal gut zu jetzt! Legt ihre Hand auf die Schulter des Verteidi-gungsministers. Du bist ein feiner Mensch, ich weiß, Du willst mir nicht schaden. Und Du weißt hoffentlich, ich will wieder hier rein! Das heißt: Wir müssen die Wahlen gewinnen! Klar?

Verteidigungsminister: Völlig!

Kanzlerin kalt und eindringlich: Dann sorge dafür, dass von der Kacke so viel wie möglich unterm Teppich bleibt! Klar?!

Verteidigungsminister: Völlig!

Kanzlerin: Am besten, Du fliegst sofort selber rüber. Damit vor Ort nichts schief läuft. Die Truppe ordentlich loben, ich meine, so geschickt, dass sie schweigen, Du verstehst.

Verteidigungsminister: Verstehe!

Kanzlerin: Ich muss jetzt los. Will aufbrechen.

Verteidigungsminister: Moment, bitte!

Kanzlerin: Ja?

Verteidigungsminister: Bleibt es bei unserer Abmachung?

Kanzlerin: Welche Abmachung?

Verteidigungsminister: Also ehrlich, wenn ich den Kopf hinhalten soll, und ich halte ihn hin; denn die Scheiße ist am Dampfen, dann will ich Dich nicht mit hineinreißen, aber…

Kanzlerin scharf: Aber?

Verteidigungsminister windet sich: Dann möchte ich wenigstens… Die Sache ist die: Wenn da Zivilisten getötet wurden, und  -  unter uns  -  es sieht leider da-nach aus, dann gibt es Krach im Bundestag!

Kanzlerin: Das sitzen wir aus!

Verteidigungsminister: Ich fürchte…

Kanzlerin unterbricht ihn: Was soll schon passieren? Gibt’s eine Kommission und das übliche Gezerre. Die FDP wird lieb sein, die wollen mit uns regieren.

Verteidigungsminister: Mag sein! Aber die SPD!

Kanzlerin: Die muss die Schnauze halten! Die Herren Genossen haben Deutschland wieder in Kriege geführt. Das machen die gern vergessen. Werden wir ihnen um die Ohren hauen bei der Gelegenheit.

Verteidigungsminister: Richtig!

Kanzlerin:  Und die Grünen mit ihrem Turnschuh- Joseph, die müssen erst recht die Klappe halten. Die haben Bomben auf Belgrad werfen lassen.

Verteidigungsminister: Aber die Linken!

Kanzlerin:  Ach die!

Verteidigungsminister: Die haben eine reine Weste.

Kanzlerin: Na schön, die haben keinen Krieg geführt. Abgemeldet sind sie trotzdem! Sollen sie quatschen, da hör ich sowieso nie zu.  Geh ich in den Saal und mache ein Schwätzchen.

Verteidigungsminister: Ist mir schon aufgefallen, gute Methode.

Kanzlerin: Wichtig ist, dass wir jetzt erst einmal die Wahlen schaffen. Was danach kommt, keine Sorge! Dein Posten ist sicher. Telefon läutet, Kanzlerin greift zum Hörer Ja? - Ach! - Ja, ja! Ist nicht gerade angenehm. - Nehm es zur Kenntnis! - Ja gut, abschirmen! Danke! Legt auf.

Verteidigungsminister wischt sich nervös Schweiß von der Stirn: Und?

Kanzlerin: Die NATO schickt Ermittler rüber, den General Sullivan.

Verteidigungsminister nachdenklich: Sieht nicht gut aus!

Kanzlerin: Ist der gefährlich?

Verteidigungsminister: Keine Ahnung!

Kanzlerin: Wo kommt er her?

Verteidigungsminister: Ich glaub aus Kanada.

Kanzlerin: Haben wir einen heißen Draht?

Verteidigungsminister: Muss ich mal sehen!

Kanzlerin: Hauptsache Dein Laden ist dicht!

Verteidigungsminister: Ja, ja, ist mir klar, hab schon alles vorbereitet. Bei mir wartet bestimmt schon der Generalinspekteur.

Kanzlerin: Na prima! Gibt ihm die Hand. Und pass auf, dass Du dem Sullivan nicht gerade über den Weg läufst!

Verteidigungsminister: Das lass ich abklären.

Kanzlerin:  Noch mal: Die Wahlen sind jetzt das Glied in der Kette, klar? Wir stützen die Banken, machen Abwrackprämie, retten Opel und was weiß ich noch. Jetzt dürfen uns ein paar Tote da drüben nicht alles vermasseln.

Verteidigungsminister: Geht in Ordnung!

Sykophant im Parkett, 1. Reihe links außen, springt vom Sitz  auf, ruft empört zur Bühne: Nichts! Nichts geht in Ordnung!

Kanzlerin wendet sich zum Parkett, konsterniert: Wie bitte?

Sykophant unvermindert aufgebracht, ruft ins Publikum Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie. Aber das kann man doch nicht durchgehen lassen! Was wir hier eben sehen mussten, ist reine Erfindung! Prononciert. Reine Erfindung! Zeigt demonstrativ zur Bühne. Ein solches Gespräch hat nie stattgefunden!

Kanzlerin aufgebracht: Na hören Sie mal! Sie können doch nicht so einfach eine Aufführung unterbrechen!

Verteidigungsminister tritt zur Rampe vor, versucht zu beruhigen: Junger Mann, wir spielen hier Theater! Eindringlich. Alles nur Spiel! Klar?

Kanzlerin nickt zustimmend: Eine Haupt- und Staatsaktion!

Sykophant: Ja, ja, bitteschön! Haupt-und Staatsaktion, können Sie ja, von mir aus. Aber die Fakten, meine Damen und Herren, die historischen Fakten! Die müssen stimmen! Sie können uns hier doch kein Gespräch bieten, das nie stattgefunden hat!

Kanzlerin tritt nun ebenfalls zur Rampe vor, versucht freundlich zu vermitteln: Junger Mann, ich wiederhole es für Sie ganz persönlich: Wir spielen Theater, wir machen hier keine wissenschaftliche Konferenz!

Verteidigungsminister: Wir sind auch kein Untersuchungsausschuss des Bundestages!

Kanzlerin: Wir sind Komödianten! Eindringlich, freundlich. Verstehen Sie? Einfache Komödianten!

Verteidigungsminister: Die den Leuten etwas vor machen!

Sykophant: Einverstanden, einverstanden! Aber machen Sie doch bitte die Wahrheit vor! Fast pathetisch. Im Theater zählt nichts als die Wahrheit!

Verteidigungsminister herausfordernd: Und was ist die Wahrheit?

Kanzlerin zweifelnd: Die Wahrheit! Junger Mann! Die Wahrheit!

Sykophant sehr ruhig und bestimmt: Die Wahrheit ist, dass die Kanzlerin von den Bomben bei Kunduz aus den Medien erfahren und ihren Minister, also Sie, am 5. September aus Stralsund angerufen hat, um Genaueres zu hören.  Und er hat die Bomben bestätigt und gesagt, es lägen keine Erkenntnisse über getötete Zivilisten vor!

Kanzlerin holt tief Luft, nachdenklich, langsam: Ja, das stimmt! Hat er!

Verteidigungsminister: Na und? Nichts anderes habe ich eben in der Szene gesagt!

Sykophant an den Verteidigungsminister gewandt: Parlamentariern hatten Sie an eben dem Tag stolz vom erfolgreichen Einsatz gegen Aufständische im Raum Kunduz berichtet.

Verteidigungsminister: Das entsprach meinem aktuellen Erkenntnisstand!

Sykophant: Wie auch immer! Halten wir fest: Nicht Sie sind zur Kanzlerin gegangen, um sie zu informieren, sondern die Kanzlerin wollte Genaueres von Ihnen erfahren. Zunächst per Telefon und einen Tag später im persönlichen Gespräch in Düsseldorf zum Wahlkampfauftakt der CDU. Inzwischen brodelte die Gerüchteküche.

Kanzlerin sehr freundlich: Ist das heute noch von Belang?

Sykophant: Ich denke schon, gnädige Frau! Zum Verteidigungsminister. An dem Tag war ein Interview von Ihnen erschienen.  Auch darin behaupteten Sie, dass ausschließlich terroristische Taliban getötet worden seien. Der Kanzlerin war das nicht ganz geheuer und sie bat Sie zum Gespräch.

Kanzlerin merkt auf: Stimmt! Das Gespräch war nötig. Du bist daraufhin vor die Presse gegangen.

Verteidigungsminister ungehalten: Ja, ja, ja!

Sykophant: Wissen Sie noch, was Sie damals gesagt haben?

Verteidigungsminister: Was ich gesagt habe? Moment! Versucht, sich zu erinnern, reagiert dann aber ärgerlich. Also so viel Demokratie halte ich für übertrieben. Da kommt irgendein Mensch daher gelaufen, und wir unterbrechen unser Spiel! Wo soll das enden?

Kanzlerin taktierend: Reg Dich nicht unnötig auf jetzt. Irgendwie passt schon, was er vorschlägt. Du kannst es wiederholen. Meine Güte!

Verteidigungsminister nimmt etwas verwirrt, aber irgendwie folgsam Pose ein: Na gut! Von mir aus! Ich habe gesagt: Uns geht es darum, dass selbstverständ-lich aufgeklärt wird, dass, auch wenn es zivile Verletzte oder Opfer auch gegeben hat, das natürlich unser Bedauern auslöst.

Sykophant zufrieden: Na sehen Sie! Das hätten wir.

Kanzlerin zufrieden: Können wir jetzt weiter spielen? Nimmt Position ein.

Sykophant: Entschuldigung! Leider war da noch eine, sagen wir, Ungenauigkeit vorhin in der Szene.

Kanzlerin ungehalten: Was denn noch?

Sykophant: Sie haben Ihren Minister nie rüber vor Ort geschickt!

Kanzlerin: Bitteschön, habe ich nicht. Aber dramaturgisch ist es doch logisch! Absolut logisch! Das steckt einfach im Konflikt. So viel verstehe ich von Theater.

Verteidigungsminister pflichtet ihr bei: In der Literatur geht es nun mal anders zu als im Leben! Da geht es um Phantasie, Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten!

Sykophant: Wahrscheinlichkeiten? Hm! Sagen Sie bloß, es ist wahrscheinlich, dass Sie mit dem Problem bei der Kanzlerin so lange herumgedruckst hätten wie eben in der Szene!

Kanzlerin: Mann, wir müssen die Leute hier zeigt ins Publikum doch erst mit den Umständen vertraut machen.

Verteidigungsminister: Bei solch einem Konflikt kann man nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Tut sehr aufgebracht. Begreifen Sie das doch!

Kanzlerin: Unser Publikum wird schon unruhig!

Sykophant: Tut mir leid! Vorhin entstand der Eindruck, als wollten Sie die Leute an der Nase herumführen. Der Fall ist doch schon verworren genug!

Kanzlerin streng: Mal ganz klar, junger Mann! Es geht uns nicht um Verwirrung, es geht uns um Aufklärung. Alternativlos! Ja? Da kann doch eine künstlerische Vertiefung und Aufhellung des Möglichen dem Verständnis des Konflikts nur dienlich sein!

Sykophant: Vertiefung des Möglichen! So sehen Sie das.

Kanzlerin: Und Aufhellung! Genau!

Verteidigungsminister: Sie sollten sich entschuldigen!

Sykophant: Ich?

Verteidigungsminister: Ja, Sie! Sie halten hier den Laden auf!

Kanzlerin eindringlich: Es geht um die Hintergründe, verstehen Sie, die Hintergründe! Alles muss aufgedeckt werden!

Verteidigungsminister: Wir entwickeln Fakt für Fakt und decken auf. Aber doch nicht gleich in der Exposition!  Am besten, Sie beruhigen sich jetzt erst einmal, nehmen wieder Platz, und wir machen weiter.

Kanzlerin ungeduldig, zeigt ins Publikum Die Leute haben bezahlt!

Sykophant verunsichert: Na gut! Na gut! Spielen Sie weiter! Machen Sie den Leuten etwas vor. Zeigen Sie ihnen, wie es hätte sein können! Wendet sich ans Publikum. Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie! Es geht mir nur um die Wahrheit! Setzt sich. Wirklich!

Licht aus. Vorhang.